Montag, 29. August 2011

Aus Auckland raus

Was ja wirklich lustig ist: Auckland ist im Grunde genommen eine Großstadt wie jede andere. Gut, es gibt ein bisschen mehr Wasser, ziemlich viele Vulkane und mehr Boote als Haushalte. Aber wenn man durch die Innenstadt läuft, denkt man nicht dauernd "Wow, ich bin in der City of Sails!", sondern "Alter, rempel mich nicht an!". Fährt man aber aus der Stadt raus, ist man nach einer Stunde nicht in der nächsten Stadt, sondern mitten im Nichts. Und zwar im faszinierendsten Nichts, das man je gesehen hat. Unendliche Küstenabschnitte, grün bewachsene Berge und Straßen, die direkt daran vorbei und mitten durch führen. Kommt man dann aus Versehen doch mal in eine Ortschaft, kann man oft nicht glauben, dass diese in der Karte überhaupt eingezeichnet ist. Am Wochenende waren wir in Helensville, von dem ich mir nach ausführlicher Lektüre diverser Maps und "What to do in NZ"-Broschüren ein nachmittagsfüllendes Programm erhofft hatte. Tatsächlich entpuppte sich das Dorf jedoch als längst nicht halb so groß, dafür aber ungefähr doppelt so langweilig wie ... sagen wir mal Verl. Wir waren einen Kaffee in einem Café trinken, das sich bezeichnenderweise einfach "The Café" nennt und haben uns wagemutig auf den Walking Trail begeben, der laut Besucherinformationszentrum eine Stunde unserer Zeit in Anspruch hätte nehmen sollen. Und dann sind wir nach 30 Minuten weiter zum nächsten Strand gefahren. Sehr lustig. Bitte nicht falsch verstehen: Ich mag kleine, verschlafene Ortschaften. Solange ich nicht dort wohnen muss, mag ich sie sogar tausend Mal lieber, als große Städte. Ich finde es nur sehr lustig – oder sagen wir beeindruckend – , wie viel Gegend es hier gibt. Und ich freue mich schon sehr darauf, noch viel mehr davon zu sehen ...

Stromkunde sein

In Neuseeland (bzw. Auckland – den Rest des Landes kenne ich ja eigentlich noch gar nicht) ist vieles aufregender als in Deutschland. Busfahren zum Beispiel. Besonders spannend in diesem Zusammenhang: Kommt der Bus heute? Und fährt er wirklich da ab, wo das Internet behauptet, eine Haltestelle gefunden zu haben? Können beide Fragen mit Ja beantwortet werden, hat man großes Glück. Dann nämlich kommt man nicht nur irgendwann am Ziel an, sondern hat oft auch eine Busfahrt mit Blick auf den Hauraki Golf vor sich. Das sieht dann ungefähr so aus: 
Aber selbst solche stunning views werden irgendwann zur Gewohnheit und man kann ja auch nicht immer nur aus dem Busfenster gucken. Darum habe ich jetzt ein neues Spielzeug: Ich bin Stromkunde. Und zwar bei Powershop. Warum? Natürlich nicht, weil ich Preise verglichen habe, sondern weil die Kampagne geil ist:
Aber nicht nur in Sachen Kommunikation können sich Vattenfall und Co. eine dicke Scheibe von Powershop abschneiden. Glaubt es oder nicht, aber ich bekomme Strom von denen, ohne auch nur zu wissen, wo unser Stromzähler ist. Und es gab nicht einen einzigen Brief. Alles online, alles ganz unkompliziert. Und zwar wirklich, nicht so kleingedrucktes-unkompliziert. Man meldet sich da an und bekommt statt eines langweiligen Vertrages eine total lustige Mail, in der steht, dass man sich keine Sorgen machen soll. "No worries." 
Anders als bei uns zahlt man (zumindest bei diesem Anbieter) keine monatliche Pauschale, sondern kauft Stromeinheiten, die je nach Stromart mehr oder weniger je Stück kosten. Hat meine keine Units mehr, ist man mit seinem Kundenkonto im Minus. Das ist aber nicht so schlimm. "No worries." Wenn man nicht selbst Strom shoppen geht, wird dann einfach irgendwann die Summe für die verbrauchte Elektrizität vom Konto abgebucht. Aber das macht natürlich nur halb so viel Spaß, als wenn man sich hinsetzt und aus unzähligen lustigen Strompaketen die raussucht, mit denen man am meisten spart. Es gibt nämlich nicht nur einfachen Strom, sondern auch Sonderangebote wie zum Beispiel "Summer Power" mit besonders günstigen Einheiten, die nur in den hier warmen Sommermonaten Dezember und Januar genutzt werden können. Und: Man erhält eine wöchentliche E-Mail, in der Powershop einem den Verbrauch der letzten sieben Tage anzeigt – sowohl in Units als auch in $. Ein perfekter Anreiz, mal nicht in jedem Zimmer immer Licht anzuhaben. Leider nicht genug Anreiz jedoch, um den wirklichen Stromfresser, den Heater, auszuschalten. Ohne den ist es in Kiwi-Häusern nämlich immer noch ganz schön f***ing cold!

Montag, 22. August 2011

Werbung

Zwei Kampagnen haben in den letzten Wochen meine Aufmerksamkeit erregt – eine, weil sie scheinbar weltweit als völlig absurd und schwachsinnig aufgefallen ist. Warum, zum Teufel, sollten die All Blacks, das neuseeländische Rugby Nationalteam, erfolgreicher sein, wenn die Fans während des World Cups keinen Sex haben? Anders, als einige erboste Radiohörer, die sich in diversen Morning Shows über den moralischen Verfall ihrer Gesellschaft aufregen mussten, denke ich zwar nicht, dass Kinder durch die Kampagne verstört werden können – zumal das Wort Sex nicht einmal genannt wird – dennoch frage ich mich aber, welche Drogen Kunde und Kreativer da genommen haben. Na ja ... 
Aus Sicherheitsgründen nicht mal ein Bier getrunken haben dagegen sicher die Jungs und Mädels, die sich diesen wunderbaren Nonsense ausgedacht haben. In der ganzen Stadt hängen City Lights, auf denen erwachsene Menschen dazu aufgerufen werden, beim Treppensteigen das Licht anzumachen und Teppiche festzukleben, um nicht darüber zu stolpern. Jaja ... diese extrem selbstständigen Kiwis ...

Montag, 8. August 2011

Gesundheit!

Vier Monate lang konnte ich es aufschieben; irgendwann war dann doch mal Zeit, von meinem mehr als zwei Jahre gültigen Visum Gebrauch zu machen und zum Arzt zu gehen, um mir neuen Diabetes-Kram verschreiben zu lassen. Das ist ein bisschen anders als in Deutschland ... Hier gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung in dem Sinne. Wer zum Arzt geht, zahlt dafür. Man sucht also nicht nur eine Praxis in der Nähe, sondern vergleicht auch Preise. Was ich ziemlich gewöhnungsbedürftig finde – was aber scheinbar auch dazu führt, dass Arztpraxen gut organisiert sind und ihren "Kunden" etwas bieten wollen. Wer 50 Dollar und mehr für eine Viertelstunde (längere Consultations müssen im Voraus gebucht werden) bei Onkel Doktor latzt, will schließlich nicht wochenlang auf einen Termin warten. Und auch nicht stundenlang im Wartezimmer. Soweit also alles prima. Dass Verschreibungen dann noch mal 20 Dollar extra kosten ... bitteschön. Ziemlich bescheuert ist aber, dass man Verschreibungen nicht für alles, was man (in meinem Fall als Pumpenpatient) so braucht, bekommt. Aber immerhin bekommt man den Kram hier überhaupt. Also habe ich mal bei der Herstellerfirma angerufen, um mich zu erkundigen, was das alles so kostet: Noch bevor ich dazu kam, am Telefon meinen Namen zu nennen, wurde ich nach meinen Kreditkarteninformationen gefragt.
Insgesamt ist das alles sehr befremdlich, wenn man aus einem Land kommt, in dem 10 Euro Praxisgebühr dazu führen, dass Menschen lieber gar nicht mehr zum Arzt gehen und Pharmaunternehmen von der Öffentlichkeit geradezu verurteilt werden, wenn sie wie jedes andere Unternehmen lieber Gewinn als Verlust machen. 

Achtung, folgender Eintrag enthält Buchstaben.

Gleich vorweg: Ich habe nichts gegen die Kiwis. Sie sind sehr aufgeschlossen gegenüber Fremden, hilfsbereit und freundlich. Aber ein bisschen merkwürdig sind sie auch. Als kleines, isoliertes Völkchen mitten im Pazifik halten die Neuseeländer sich für besonders unabhängige und einfallsreiche Überlebenskünstler, die mit jeder Situation klarkommen und sind (zurecht!) stolz wie Oskar, wenn sie sich ihr Boat Shed, ihre Hundehütte oder was auch immer im D.I.Y.-Verfahren ohne fremde Hilfe gebaut haben. Im normalen Alltag hingegen scheint der gemeine Kiwi ein wenig mehr Unterstützung zu brauchen. Ganz am Anfang meines Aufenthalts hier ist mir aufgefallen, dass auf jedem Joghurt-Becher der schöne Hinweis "Contains Milk" zu finden ist. Kopf geschüttelt, Witz darüber gemacht, woraus Joghurt in Kiwi-Land sonst bestehen könnte, Angelegenheit wieder vergessen. Je länger man aber hier ist, über desto mehr solcher merkwürdiger Dinge stolpert man. Das Müsli, das ich gerade esse, soll ich zum Beispiel vorsichtig kauen, wenn ich Zahnschmerzen habe. Und Schritt 1 der "Zubereitungs"anleitung für Backofenpommes ist immer, die Pommes aus der Plastiktüte zu holen. Was eigentlich selbstverständlich ist, wird in Neuseeland lieber noch mal verdeutlicht. Darum gibt es gerade auch eine ganze CLP-Kampagne, die nichts weiter aussagt als "Wenn Du Deine Getränkedose ausgetrunken hast, musst Du sie in den Mülleimer werfen." In Deutschland gibt es vermutlich auch genug Menschen, die genau das nicht tun; um sie mit Plakaten darauf aufmerksam zu machen, wie scheiße das ist, hätte die Werbe-Elite sich aber vermutlich etwas anderes ausgedacht, als das schöne Motiv "Dose wird in Mülleimer geworfen", das weniger ermahnt, als vielmehr erklärt. 
Sehr lustig sind auch meine Begegnungen mit Kunden bei Nosh. Wer bei uns einkauft, kann nicht ganz dumm sein, weil er (oder sie) auf jeden Fall pfiffig genug gewesen sein muss, um sich einen guten Job oder einen reichen Ehepartner zu suchen. Dennoch sind Fragen wie "Kann ich die Breakfast-Sausages auch zum Dinner essen?" keine kuriose Seltenheit und leider auch völlig ernst gemeint. Regelmäßig steht jemand mit einer Packung Cracker vor meiner Theke und fragt mich, ob diese mit dem soeben gekauften Käse gegessen werden können. Wenn ich dann antworte, dass das ganz auf den persönlichen Geschmack ankommt, ernte ich nichts als irritierte Blicke und kann sicher sein, dass nach mir noch ein weiterer Mitarbeiter konsultiert wird. Die Cracker könnten schließlich explodieren, wenn man sie mit dem falschen Käse serviert. Das Lustige an der Sache: Diese scheinbar sehr große Unsicherheit führt dazu, dass man vielen Neuseeländern so ziemlich jeden Bären aufbinden kann – zum Beispiel den, dass Gluten dick macht und ungesund ist. Wohin man schaut, sieht man glutenfreie Rezepte und Lebensmittel. Anfangs habe ich mich gefragt, ob es hier besonders viele Zöliakie-Patienten gibt, mit der Zeit aber festgestellt, dass es einfach eine Art medienerzeugter Trend ist, sich glutenfrei zu ernähren, um gesund und schlank zu bleiben. Was natürlich Bullshit ist. Aber nun gut ...