Freitag, 28. Oktober 2011

Weltmeister

Nachdem ich mich sechs Wochen lang mehr oder weniger nicht für den Rugby World Cup interessiert habe, haben wir uns am vergangenen Sonntag aufgemacht, um das Finale zwischen den All Blacks und Frankreich in einer Kneipe zu gucken. In erster Linie, weil unser Fernseher nicht funktioniert, aber natürlich auch, um schnell noch ein bisschen WM-Luft zu schnuppern, bevor sie wieder verflogen ist. Und genau das war sie, wie wir feststellen sollten, ziemlich schnell, nämlich etwa zwei Minuten nach Abpfiff. Man stelle sich mal vergleichshalber vor, es sei Fußball-WM in Deutschland und Deutschland stünde gegen ... sagen wir mal Italien im Finale. Das Spiel ist kein besonders schönes, aber ein besonders spannendes, da knapp gehaltenes. Am Ende gewinnt Deutschland mit 2:1. Es ist 22.15 Uhr und am nächsten Tag ist ein nationaler Feiertag, an dem so gut wie niemand arbeiten muss. Was man nun wirklich nicht machen würde: NACH HAUSE GEHEN!!!! Wir konnten es kaum fassen, als sich direkt nach der Übergabe des Pokals die Tische um uns herum leerten und ein Kiwi nach dem Anderen zahlte, um sich ins Auto zu setzen und absolut hupkonzertlos den Heimweg anzutreten. Eine nette Ausnahme bildete eine Gruppe von so genannten Best Agern, die sich den ganzen Abend über mit Champagner haben volllaufen lassen und es großartig fanden, mit jungen Menschen aus Übersee zu tanzen. Ich hatte genug Bier getrunken, um freudig mitzumachen –obwohl ich zu den glücklichen vermutlich 2% aller in Neuseeland lebender Menschen war, die am nächsten Tag trotz Labour Day zur Arbeit mussten. Dort war ich dann erneut erstaunt: Es gab tatsächlich Menschen, die statt glücklich verkatert die Folgen des Triumpfs auszukurieren und einen ausnahmsweise mal sehr sonnigen Tag zu genießen, ihren ganz normalen Einkauf erledigt haben, als sei nichts gewesen. Und besonders schön: Wer sich doch dran erinnerte, dass am Tag zuvor irgendwie was war, nutzte die Gelegenheit für Smalltalk, überflüssig as. "Did you watch the rugby last night?" Gerne hätte ich erwidert, ich sei leider nicht dazu gekommen, sonntags abends sei doch mein Strickkurs. WER, bitteschön, hat dieses Spiel NICHT gesehen? Ts. 

Freitag, 21. Oktober 2011

Kaffee

Vor einiger Zeit hatte ich einen Beitrag zum Thema Kaffee geschrieben, dann aber wieder gelöscht – der Grund dafür war die nicht übermäßig freundliche Erwähnung des Barista-Kurses, den ich damals besucht hatte. Irgendwie wollte ich nicht immer nur böse sein. Dennoch: Über Coffee muss geschrieben werden!
Um einen Kaffee zu bestellen, gibt man hier in Neuseeland nicht weniger als fünf Basis-Informationen an den Barista weiter: Welche Art Kaffee? Welche Größe? Welche Milch? Wie viel Zucker? Take out oder Have here? Also der Reihe nach ...
Grundsätzlich unterscheidet man in Kiwi-Land zwischen Flat White, Cappuccino, Mocca, Latte, Short Black und Long Black. Die beiden erst genannten unterscheiden sich durch die Art und das Volumen des Milchschaums – ein Flat White hat eine etwa fingerdicke Schicht kompakten Schaums ohne Bläschen on top, der Cappuccino eine ungefähr doppelt so dicke Schicht MIT Bläschen. Und Kakaopulver. Was die Latte anders macht als einen Flat White, habe ich bis heute nicht begriffen. Der Mocca ist ein Cappuccino mit Schokomilch, der Short Black ein Espresso und der Long Black ein Short Black mit Wasser. Das Ganze (außer Short und Long Black) gibt es dann mit "blue top" (normaler Voll-) Milch, "trim" (entrahmter) oder soy milk. So weit, so gut. Doch wer – zumindest im für neuseeländische Verhältnisse mondänen Auckland – etwas auf sich hält, der hat besondere Kaffeewünsche. Eine meiner Lieblingsbestellungen lautet "Could I please get a three quarters large trim triple shot dry cappuccino with half a sugar and cinnamon on top to have here in a take out cup, please?" Das sind ja gleich sechs Extrawünsche auf einmal. Ich übersetze kurz ein paar Dinge: 
Three quarters: Becher nicht ganz voll, also weniger Milch. 
Triple shot: Üblicherweise kommt der Kaffee mit zwei "Schüssen" Espresso, triple shot ist also einer extra.
Dry: Ganz viel Schaum, wenig flüssige Milch. 
Half a sugar: Völliger Blödsinn!!!!
Cinnamon on top: statt des üblicheren Kakaopulvers. 
Bei einer Bestellung mit drei oder vier Kaffee dieser Art kann man schon mal durcheinander kommen. Zudem halten sich die gleichen Menschen, die so was haben wollen, für wahre Coffee-Connoisseurs, die adleräugisch beobachten, wie man ihr Getränk zubereitet und theatralisch zusammenzucken, wenn die Milch beim Aufschäumen etwas lautere Geräusche macht als erwünscht oder der Espresso nicht in exakt 26 Sekunden durchläuft. Und genau darum HASSE ich es, Kaffee für irgendjemand anderen, als für mich selbst zu machen. 

Montag, 10. Oktober 2011

So was hab ich doch auch bei der Arbeit rumstehen ...

Da mein Interesse für den neuen Kiwi-Sendeplatz britischer Seifenopern sich in recht engen Grenzen hält, lese ich den NZ Herald – Neuseelands größte und, soweit ich bisher herausgefunden habe, auch einzige nationale Tageszeitung – eher selten. Blättern und Bilder gucken reicht völlig. Neulich bin ich dabei allerdings auf eine erstaunliche Geschichte gestoßen. Im Zuge des Wiederaufbaus des von Erbeben verwüsteten Christchurch wurden überall in der Stadt kleine Pumpfläschchen mit hand sanitizer verteilt, um Infektionen vorzubeugen – auch in öffentlichen Einrichtungen wie zum Beispiel Gefängnissen. In einem ebensolchen haben sich einige der Insassen gedacht "Betrunken sein ist viel lustiger als nicht krank werden" und das Zeug mit Limonade zusammengeschüttet. Das Ergebnis: ein vermutlich ziemlich widerlicher, aber garantiert keimfreier Cocktail und sieben Monate Extra-Haft für den ideengebenden und anstiftenden prisoner, der mündlichen Überlieferungen zufolge vergeblich versucht hat, seine Hände in Unschuld zu waschen. 

Frühling




Montag, 3. Oktober 2011

What the f***!?!

Ich weiß ja gar nicht, wo ich anfangen soll ... Vielleicht mit einer kleinen Entschuldigung, dass dies kein Kiwi-Eintrag wird ...
Neulich sind wir an einem Plakat vorbei gefahren, auf dem folgende schöne Headline zu lesen war: "Transforming ordinary guys into extraordinary men." Ein hehres Ziel, das die Absender, die "Promise Keepers", da verfolgen. Weil ich natürlich wissen wollte, was man denn tun muss, damit aus einem herkömmlichen Typen ein außergewöhnlicher Mann wird, habe ich gerade nach den "Promise Keepers" gegooglet. Und siehe da, ich hatte es mir fast schon gedacht: Es handelt sich nicht um ein Fitness-Studio, sondern um eine christliche Gruppe. Nun bin ich allem Kirchlichen gegenüber ja immer etwas skeptisch eingestellt, aber im Grunde genommen ist natürlich nichts falsch daran, sich als Mann dazu zu entschließen, Versprechen zu halten, nicht fremdzugehen und einen irgendwie ordentlichen Lebensweg einzuschlagen. Dennoch hat das Ganze einen seltsamen Beigeschmack. 
Warum denn eigentlich nur Männer? Geht man davon aus, dass Frauen sowieso immer auf dem "richtigen" Pfad bleiben, weil sie schließlich Frauen sind? Oder ist es bei ihnen nicht so wichtig, wenn sie vom Weg abkommen, weil sie zu Hause sind, wo sie beim Kochen keinen großen Schaden anrichten können? Na ja; ich will mal nicht die Feministin raushängen lassen, die ich nicht bin – auch, wenn ich Sätze wie "As a man you have to lead by example" einigermaßen zum Brechen finde.   
Viel Spannender ist eigentlich dieses ... sagen wir mal erstaunliche Video ..., auf das von der Website der "Promise Kepers" verlinkt wird: 




Und von diesem Video aus bin ich dann zu folgendem Video gelangt: 


Es scheint also ein ernsthaftes Problem zu sein, Männer in die Kirche zu kriegen. Und was will man schließlich mit Frauen und Kindern?  

Ungesundes Halbwissen beim GP

Heute war ich – mal wieder – beim Arzt. Bei dem Arzt, der mir zunächst als Diabetes-Experte innerhalb des Medical Centres bei uns um die Ecke empfohlen worden ist, von dem ich dann aber ein paar Wochen später auch problemlos die Pille verschrieben bekommen habe. Das nennt man dann General Practicioner. Soweit so gut und unkompliziert: Man hat also einen Hausarzt, der sich im Grunde um jedes Wehwehchen kümmert. Oder lieber nicht ... Meinen heutigen Termin hatte ich schlechten Blut(zucker)werten zu verdanken, die Dr. I. so sehr bekümmert haben, dass er mich gebeten hat, noch einmal vorbeizuschauen. Womit er ja Recht hat. Da muss man was dran machen. 
Nun schlage ich mich seit mehr als 16 Jahren, also über die Hälfte meines Lebens, als Diabetikerin durch eben dieses und habe wohl ganz grundsätzlich verstanden, wie diese Sache mit dem Insulin funktioniert. Tja, ganz grundsätzlich scheint auch Dr. I. das nicht fremd zu sein. Ich will nicht weiter ins Detail gehen, aber dafür, dass er mir einfach mal eben so eine völlig neue Therapieform verpassen wollte, zeigte er erstaunlich wenig Interesse an meiner wiederholten Argumentation, dass die Insulindosis nicht nur durch den aktuellen Blutzuckerwert bestimmt wird, sondern auch dadurch, was ich in Begriff bin, zu essen – von den so genannten Brot- oder Kohlenhydrateinheiten, die so ungefähr das ABC eines jeden Diabetikers sind, hatte er scheinbar noch nie gehört. Ebenso wenig schien im klar zu sein, dass die Idee hinter einer Insulinpumpe die kontinuierliche Versorgung mit dem Stoffwechselhormon ist und bestand daher darauf, dass ich lieber einmal am Tag ein Insulin mit 24 Stunden Wirksamkeit und zum Frühstück, Mittag- und Abendessen ein kurzwirkendes Präparat dazu verwenden sollte. Was der Therapie entspricht, die schon als ich 1995 die Krankheit bekam, im Grunde genommen überholt war. Na ja. Zumindest hat er, wie es sich für einen guten Hausarzt gehört, am Ende noch mal meinen Blutdruck gemessen. Und mir einen dicken Rabatt auf sein Beratungshonorar gegeben. Ist doch auch was wert.