Mittwoch, 22. Februar 2012

In die Ferne – und zurück

Reisen ist ja immer so eine Sache. Als poetische und philosophische Klammer zur Beschreibung all dessen, was man in fremden Ländern erlebt, wie man sich selbst ein Stück näher kommen kann und wie wunderbar es ist, Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen, liebe ich das Reisen. In Form von zwei mit Warten, Fliegen, Warten, Busfahren, Warten, Fliegen, Zugfahren verbrachten Tagen finde ich es pretty much zum Kotzen. 
In diesem Moment sitze ich in einem Hotelzimmer in Seoul und spiele das Warten-Spiel, bis mich der zweite Flug der Rückreise nach Frankfurt bringt – falls da nicht inzwischen auch Langstreckenflüge von Streiks betroffen sind ... 
Das Gute an der Geschichte mit dem Warten im Hotel: Zwischen zwei eher unbequemen 12-Stunden-Flügen kann man dank so einer im Preis inbegriffenen Übernachtung einfach mal schlafen. Und das in Hotels, die man sich üblicherweise niemals hätte leisten können oder wollen. Ich bin dieses Mal im Hyatt Regency gelandet – und damit das erste Mal in meinem Leben in einem Hotel mit Gästebademänteln. Dafür nehme ich auch gerne in Kauf, dass Korean Air es sich nicht nehmen lässt, im Transfer-Bus zum und vom Hotel die dem unerträglichen Klang nach "Besten Koreanischen Dudel-Hits der 80er, 90er und von heute" in voller Lautstärke zu spielen. Immerhin ist das ja auch das Einzige, was man während der etwa 15 Stunden Aufenthalt von Korea zu sehen bzw. zu hören bekommt. Bis auf die extrem nervige, übertriebene Hilfsbereitschaft der koreanischen Hotelangestellten, die ich fast als Dummheitsunterstellung deuten möchte. Ich weiß, dass man einen Stift braucht, um zu schreiben. Und ich habe sogar schon mal gehört, dass man dafür mindestens eine freie Hand braucht, sein Gepäck also am besten eben abstellt. Was ich allerdings noch nicht wusste ist, dass es Toiletten gibt, die man beim Spülen nicht hört. Null. Genial! Ganz anders als die ungefähr tausend Kleinkinder, die gestern mit mir im Flugzeug saßen. Auf die freue ich mich jetzt auch schon ganz besonders – fast so sehr wie auf die Deutsche Bahn am Ende der Reise ... 

Freitag, 17. Februar 2012

Let's go surfin' dude!

Manchmal bin ich für dieses Land wohl ein wenig zu deutsch ... Für gestern hatte ich einen Kurs in einer kiwi-typischen Aktivität gebucht. Es war nicht BBQ und nicht Beach ("Strand" ist hier eine Aktivität), sondern Surfen. Das Ganze sollte am Base Backpackers in der Innenstadt losgehen, wo man mich und die anderen Teilnehmer um 12.15 Uhr abholen wollte. Da ich das auckländische Public-Transport-System inzwischen gut genug kenne, um zu wissen, dass es sich dabei eigentlich nur um ein Gerücht handelt, bin ich sehr frühzeitig los. Man will ja nicht zu spät kommen. Doch was passiert? Nichts. Kein Bus. Weder der eine noch der andere. Wütend habe ich also alternative Transportpläne geschmiedet, als mich von der Seite jemand anquatschte: "What a nice day, isn't it? I'm from England. I've just arrived yesterday. New Zealand is such a beautiful country? You look like you're German. I stayed in Germany with the army once. Mönchengladbach, 1955. Years before you were born. What a nice day." Da blinkende und leuchtende Schild auf meiner Stirn, auf dem steht, dass bitte alle mit mir reden sollen – besonders, wenn sonst niemand mit ohne reden will – funktioniert nämlich auch in Auckland ganz prima. Aber das nur am Rande. Ich hatte jedenfalls einen Hals bis Timbuktu und bin schließlich in einen anderen Bus gestiegen, um dann in eine Bahn zu steigen, um viel später und viel teurer als geplant in der Stadt anzukommen. Das Schöne: Ich hätte mir Zeit lassen können. Denn derjenige, mit dem man sich dort treffen musste, kam auch eine halbe Stunde zu spät.
Irgendwann saß ich dann aber finally im Surf-Bus auf dem Weg nach Piha Beach. Dort angekommen musste, natürlich, erstmal THE WETSUIT angezogen werden – der Stoff, aus dem die Alpträume eines jeden kleinen Moppels wie mir sind. Und "angezogen" ist ein Euphemismus für das, was sich da zwischen mir und dem Neoprenanzug abgespielt hat. Umso mehr habe ich mich über die andere deutsche Teilnehmerin gefreut, die mir von der ersten Minute an erzählt hat, dass sie Deutschland total vermisst, weil sie da endlich wieder Sport machen und gesund essen kann. Dumme Punze. Einige entwürdige Minuten später hatte ich das Teil aber schließlich an und bin mit dem Rest der Bande zum Strand gewatschelt, um dort erstmal ein bisschen Surf-Theorie zu lernen. Die bestand im wesentlichen darin, dass die Surf Instructor (beide übrigens nicht blond gelockt!) uns erzählt haben, was man nicht machen und wo man nicht hinschwimmen darf. Witzbolde. Bei den Wellen wäre ich da eh nie im Leben hingekommen. Dann ging es zu den Trockenübungen, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Ich hoffe, niemand am Strand war so gemein und fies und fürchterlich, Fotos davon zu machen und zur öffentlichen Belustigung ins Internet zu stellen. Die gleiche Hoffnung habe ich allerdings auch den Rest des Nachmittags betreffend. Ich war nicht die Schlechteste in der Gruppe, die die ganze Zeit von einem Lehrer an die Hand genommen werden musste. Und ich habe ein paar Mal auch ziemlich lange und relativ elegant auf dem Board gestanden. Aber wenn es nicht geklappt hat, muss ich ziemlich bescheuert ausgesehen haben. Einer der Surflehrer kam irgendwann lachend zu mir und hat mich gefragt, ob ich dafür bezahlt worden sei, an dem Kurs teilzunehmen – mit mir gäbe es nämlich immer was zu lachen. Na, danke. Alles in allem bin ich aber sehr zufrieden. Ich habe nicht nur den Kurs gemacht, sondern tatsächlich aus Versehen zwischendurch auch mal richtig wirklich und in echt gesurft. Und das macht mich ein kleines bisschen weniger deutsch und mehr kiwiisch ...


So habe ich dann übrigens ausgesehen. Tot, aber glücklich. Surfen ist nämlich mal verdammt anstrengend! Und dass das doofe Board zugenommen hat, während man es fast vier Stunden lang durch die Wellen geschleppt hat, kann mir auch keiner erzählen. 



Dienstag, 14. Februar 2012

Great Barrier Island

Am Wochenende war es soweit: der letzte kleine Urlaub in Neuseeland, bevor es für mich zurück in die Heimat geht. Reiseziel war Great Barrier Island, eine Insel, die etwa 90 Kilometer vor Auckland liegt. Googlet man sich dazu ein bisschen durchs Netz, findet man Aussagen wie "Yes, there is electricity on the island." oder "It is a good idea to bring some food.". Und genau so, wie man sich die Insel dann vorstellt, ist sie auch. Es gibt vier "größere" Ortschaften, wenn man genau hinsieht ein paar Menschen und jede Menge Grün. Die oben genannten Ortschaften heißen Tryphena, Claris, Whangaparapara (Wirklich!) und Port Fitzroy und sind laut Werbeflyer  echte (Grocery-)Shopping- und Genuss-Hochburgen mit Cafés, Kneipen und Restaurants. Dafür gibt es von mir den Preis für die niedlichste Übertreibung ever. Aber streng genommen weiß ich auch gar nicht, warum so eine wunderschöne Insel es überhaupt nötig hat, mit Geschäften und Gastronomie zu werben, wenn man dort so bezauberndes Nichts genießen kann. Unser erster Gedanke, als wir mit der Fähre (die erstaunlicherweise fast fünf Stunden lang unterwegs war) in Tryphena angekommen sind, war: "Gut, dass wir doch ein Auto und nicht zwei Fahrräder gemietet haben." Die Insel ist nämlich nicht nur relativ groß und relativ dünn besiedelt, sondern auch relativ bergig. Außerdem hatte das Auto(chen) ein Fun-Top UND einen Choke. Zuckelzuckel ging's dann also mit der kleinen Möhre zu unserem Hotel. In eben diesem gab es neben Unterkunft auch einen General Store (Chips, Cracker, Dosentomaten), ein Restaurant, einen Bottle Shop und – natürlich – Ice & Bait, die essentiellen Zutaten für den gelungenen Angeltrip. Angeln ist auf und um Great Barrier Island definitiv Aktivität Nummer 1. Und das sowohl bei den etwa 850 Einheimischen als auch bei Touristen. Ich nehme stark an, dass wir an diesem Wochenende die einzigen beiden Menschen waren, die keinen Fisch gefangen (und es nicht einmal versucht) haben. Wir haben nur versucht, Fische zu sehen – und wieder einmal festgestellt, dass wir im Urlaubmachen einfach nicht gut sind. Statt die Unterwasserwelt um GBI zu erkunden, haben wir leider nur unseren Schnorchel von einem Surfstrand mit ablaufender Tide zu einem matschigen Wasserloch zu einem Hafenbecken voller toter Fische gefahren und anschließend beschlossen, lieber eine Flasche Wein zu öffnen. Was aber auch Spaß gemacht hat … besonders, weil wir sowohl beim Öffnen als auch beim Trinken folgenden Ausblick genießen durften:
(Der komische Fleck mitten im Bild ist übrigens mein fettiger Käsebrotfinger.)
Wer mal so richtig viel zu viel vom Stadtleben hat, ist auf Great Barrier definitv gut aufgehoben.  

Mittwoch, 8. Februar 2012

Und dann?

Gleich vorweg: Ich mag Neuseeland. Es gibt viel Grün, noch mehr Wasser und an jeder Ecke Fish & Chips. Das wiederum führt dazu, dass es viele dicke Menschen gibt, was ich sehr begrüße. Außerdem ist NZ ein bisschen wie Werder Bremen – mindestens genau so klasse wie Australien, aber mehr Fans hat doch der HSV.
Dennoch: Ich freue mich auf zu Hause. Auf meine Freunde, auf meine Wohnung voller Schwachsinn (bei genauerer Betrachtung trifft das eigentlich auch auf viele meiner Freunde zu), auf spelunkige Kneipen in den beiden schönsten Städten der Welt (Diplomatie!), darauf von Oma gefragt zu werden, ob ich ein Käsebrot will. Und natürlich auf das Käsebrot. 
Ein Problem ergibt sich allerdings: Worüber soll ich denn zukünftig bloß bloggen? Ich kann nicht leugnen, dass ich Gefallen daran gefunden habe, zur Abwechslung mal etwas zu schreiben, was nicht von einer Zielgruppe gelesen wird, sondern von Menschen, die ich kenne. (Und eine so gute Response-Quote hatte ich glaube ich auch noch nie.)
Hm, naheliegend wäre Werbung. Aber die mache ich ja eh den ganzen Tag. Außerdem habe ich es gerade erst geschafft, jemand zu sein, der tatsächlich Gesprächsthemen jenseits von Etatgewinnen und Awardbeschiss findet. Rein theoretisch könnte ich mich jetzt also mit jemandem unterhalten, der nicht in einer Agentur arbeitet. Sollte ich jemals so jemanden treffen ...
Fernsehen? Bietet zumindest ausreichend Stupidität für endlos böses Bloggen; bedeutet aber leider auch, dass ich mir "Der Bachelor" und Heidi Dumm-Klum wirklich ansehen müsste. 
Sprache? Siehe hier, hier und hier. Zum Beispiel. Ich wäre weder die erste noch die einzige oder beste. 
Vermutlich brauche ich so was wie Hobbys und Interessen, um darüber zu schreiben. Ist aber ein wenig kritisch, weil "Lesen" und "Mich mit Freunden treffen" wohl eher ungeeignet sind und ich ja außerdem nicht über irgendwas schreiben will, was ich ausnahmslos toll finde ... "Und das war so super! Und hier sind noch mehr Fotos von mir und meiner neuen Angel! Und dann habe ich beim Stricken einen total tollen neuen Trick gelernt!". Öööööööde. Eine Art langfristiges, qualvolles Projekt wäre gut. Ein Kind zum Beispiel. Leider stehen Kinder aber – politisch korrekt formuliert – nicht sehr weit oben auf meiner Wunschliste. Und eines in die Welt zu setzen, nur um ein Blog führen zu können, wäre auch irgendwie nicht nett. 
Segelschein machen (Versuch Nr. 2), Schauspielkurs, Marathon mitlaufen, ein Gesellschaftsspiel entwickeln und vermarkten, Fußballspielen lernen, einen Hund erziehen, schwarzer Gürtel in Karate?
Vorschläge, bitte. 

Freitag, 3. Februar 2012

Keine Kiwis

Kiwis sind selten, scheu und nachtaktiv. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass man sie nur mit sehr, sehr viel Glück in freier Wildbahn erleben kann. Soweit zu den Vögeln. Was ich mich allerdings frage: Warum sieht man eigentlich so selten einen Kiwi-Menschen? Gestern Abend waren wir – zusammen mit einer ganzen Menge anderer Leute – zu einem Filmabend mit lecker Wein und lecker Essen eingeladen. Als gute Deutsche sind wir natürlich nicht nur hingegangen, sondern waren auch sehr pünktlich. So wie die ebenfalls eingeladenen Paare 1 und 2, die zu jeweils 50% aus einem bzw. einer Deutschen bestehen. Anders jedoch als alle Kiwis, die der Gastgeber gefragt hatte, ob sie an diesem Abend teilnehmen wollen. Am Ende haben sich also vier Deutsche, ein Australier, eine Schottin und ein Engländer in Neuseeland einen japanischen Film angesehen. Das Erstaunliche: Laut des Einladenden hatten die meisten der Kiwis im Vorfeld begeistert versichert, sie würden sich das Ganze auf keinen Fall entgehen lassen. Keiner von ihnen hat angerufen oder sonst in irgendeiner Form abgesagt. Sie sind alle, ausnahmslos, einfach nicht aufgetaucht. Selbst Schuld, würde ich mal sagen. Wir hatten nämlich ebenso viel sehr guten Wein wie Spaß. Und außerdem wissen wir jetzt, wie man die perfekten Noodles für perfekten Ramen macht. So!

Donnerstag, 2. Februar 2012

Wine tasting

Hamburg hat die netteren Bars, es gibt Jobs für deutsche Texter und man ist schnell in Bremen – als Ausgangspunkt für eine Winery-Tour ist Auckland aber einfach besser geeignet als Barmbek-Süd. Darum stand eine solche auf der Liste mit Dingen, die ich noch machen will, ehe es zurück in den Jean-Paul-Weg geht. Als mein Liebster sich also letzte Woche zum Segeln die Bay of Islands verkrümelt hat, habe ich mir einen autobesitzenden, ortskundigen und weinliebenden Kollegen geschnappt und mir den Matakana Wine Trail zeigen lassen. 
So eine Wine-Tasting-Tour ist eine prima Sache: Man fährt (oder besser lässt sich fahren) von einer Winery zur nächsten, schmeißt da ein paar Dollar in einen Topf und darf im Gegenzug Wein probieren. Dabei macht man eine Menge Weinschnack und fühlt sich sehr sophisticated, wenn man am Ende große Summen in Wein investiert, von dessen besonderer Qualität man sich soeben hat überzeugen lassen. Das Prinzip hatte ich schon vorher verstanden; der Weinschnack war, wie ich schnell feststellen musste, mein großes Manko. Mir schmeckt Wein oder eben nicht – was allerdings seltener vorkommt. Mein lieber Kollege Steve hingegen kennt sich aus. Und zwar in echt. Die Weine, die ich als "lecker" bezeichnet hätte, fand er "maybe a tiny bit too light on the berrytaste" und wenn ich etwas gerne gleich wieder ausgespuckt hätte, freute er sich über den "challenging" Geschmack. Man kann mir aber nicht vorwerfen, ich sei nicht lernfähig: Merlot ist Frauen- oder Anfängerwein. Shiraz ist häufig zu peppery,aber ein wunderbarer Wein, wenn er balanced ist. Man kann DNA-Tests mit Trauben machen, um festzustellen, ob es sich wirklich um die Traube handelt, für die man sie gehalten hat. Und die wohl wichtigste Erkenntnis des Tages: Hat man Sedimente im Wein, muss man ihn dringend und unverzüglich quer über den Tisch auf das weiße T-Shirt seiner Begleiterin spucken. Ich habe selten so über ein versautes Kleidungsstück gelacht – was natürlich nichts damit zu tun hat, dass wir zu diesem Zeitpunkt bereits das dritte Tasting hinter uns hatten ...

Mittwoch, 1. Februar 2012

Getting a tattoo

Für coole Menschen ist das natürlich nichts Besonderes, aber ich hüpfe immer noch aufgeregt im Kreis und kann gar nicht glauben, dass ich es wirklich getan habe: Ich habe mir ein Tattoo stechen lassen. Hübsch, nicht wahr? (Das Tattoo, nicht ich.)



Warum ich was gemacht habe? Zwei Gründe: 1. Ich wollte schon immer ein Tattoo. 2. Es gab ein super-duper mega-günstiges Angebot, das ich einfach nicht ablehnen konnte. Hier sind nämlich – wie in Deutschland auch –Web-Portale wie Groupon oder GrabOne gerade ganz groß angesagt. Und mit dort erworbenen Gutscheinen kann man sich nicht nur für wenig Geld den Bauch vollschlagen, sondern ab und zu auch Tauchen lernen, Urlaub machen oder eben Vögel aufs Handgelenk kriegen. Anfangs stand für mich allerdings alles andere als fest, dass es denn wirklich Vögel werden würden. Der Gutschein galt schließlich für eine Stunde Tatöwieren mit vorheriger Beratung. Naiv wie ich bin dachte ich also, ich würde erstmal ausführlich beraten werden. Das sah dann allerdings wie folgt aus: 
"Hi. I've got one of these vouchers and I'd like to make an appointment."
"Do you know what you want?"
"?"
"Come in on Feb 1 and bring your motif!"
Hätte das Ganze im Ambiente eines professionell wirkenden, klinisch reinen Studios stattgefunden, hätte ich mir keine weiteren Sorgen gemacht und gedacht "Hey Melissa, so geht das eben in abgefahren-angesagten Tattoo-Places". Tatsächlich handelte es sich aber um einen einzigen Raum, der gleichzeitig Studio (als ich da war, wurden gerade zwei Leute tätowiert), Büro und Pausenraum war. Und der Mensch, der sich mir als Inhaber vorstellte, war so sicher auf Droge wie der Papst einen lustigen Hut trägt. Aber weil man im Leben ja nun auch mal mutig sein muss, bin ich heute trotz all der in mir laut "NEIN!" schreienden Stimmen in die Innenstadt gepilgert um mir ein bisschen wehtun zu lassen. 
Erkenntnis 1: Ja, der Typ IST auf Droge. Und zwar laut dem, was er so erzählt, eigentlich immer. 
Erkenntnis 2: Sooooooooo doll tut das gar nicht weh. Zwirbelt halt ein bisschen, aber das erste Mal Augenbrauenzupfen ist schlimmer. 
Erkenntnis 3: Um das Thema Deutschland kommt man auch beim tatöwierenden Schulabbrecher nicht rum. 
Sein Vater(!) war nämlich schon mal in Deutschland UND er selbst tätowiert ganz oft Deutsche. Und Kiwis sind sehr naiv, was Deutsche angeht. Ziemlich lange wusste ich nicht so ganz genau, was er mir damit sagen wollte, habe dann aber irgendwann rausgehört, dass Neuseeländer seiner Meinung nach denken, wir seien alle Nazis. Er denkt das aber natürlich nicht und findet Hitler auch total scheiße und hat darum dem Typen, der einen Reichsadler auf dem Rücken haben wollte, diesen Wunsch nur widerwillig erfüllt. Na immerhin. Ansonsten haben Deutsche keinen Humor und nehmen, wenn sie Tätowierer sind, zu viel Geld für ihre Arbeit. Das Allerwichtigste aber: Mir müsse er ja nicht großartig erklären, was man auf das frische Tattoo schmiert, um es zu pflegen. Und ich so: ??? Na, VASELINE natürlich! Und bloß nicht das Kiwi-Zeug nehmen. 
Als ich dann irgendwann genug von deutsch hatte, habe ich versucht, mich mit meinem italienischen Vater zu retten. Das Ergebnis waren ein ziemlich schlechter Witz über die Körperbehaarung italienischer Männer sowie die Aussage, dass er keine Italiener tätowiere. "Why'a that?" "They make appointments and then don't turn up. So I just don't give them appointments anymore." Fair enough, denke ich mal.  

Dienstag, 31. Januar 2012

True

Endlich gibt es mal jemand zu.

That's BEAUTIFUL!

Eine Sache, an die ich mich in der ganzen Zeit hier nie gewöhnt habe, ist die übertriebene Begeisterungsfähigkeit (oder zumindest die Fähigkeit, begeistert zu tun) der Kiwis, einhergehend mit einer gewissen desinteressierten Oberflächlichkeit. Nehmen wir mal an, wir sind auf einer Party in Harsewinkel oder Buxtehude und werden gefragt, was wir beruflich machen. Wir antworten und werden als Werbetexter mit großer Wahrscheinlichkeit als nächstes kritisch gefragt, was genau wir denn machen. 
In Kiwi-Land hingegen würde das Gespräch vermutlich so verlaufen:
"So what do you do?"
"I'm a copywriter."
(Augen werden weit aufgerissen, die Stimme hebt sich) "REALLY? That's awesome!!!!"
Manchmal habe ich das Gefühl, ich könnte sagen, ich sei Putzfrau, weil ich zu blöd für die Schule war, müsse den Job jetzt aber bald wegen eines ungewollten Kindes, dessen Vater mir nicht bekannt ist, aufgeben und auf Staatskosten leben, was ich aber eigentlich eh viel besser finde – die Reaktion wäre wohl die gleiche. 
Besonders schön ist das Ganze auch in den obligatorischen "Where abouts are you from?"-Gesprächen. Lustige Kiwis sagen dann Sachen wie "Jawohl Frollign!", normale Kiwis finden das natürlich beeeaaauuutiful und waren auf dem Beerfest, kennen Deutschland also wie ihre Westentasche und wollen UNBEDINGT noch mal hin. 
Ähnlich ist das Ganze auch beim Essen. Als ich noch Käse verkauft habe, wurde ich täglich Zeuge, wie Kiwi-Kunden beim Probieren eines profanen Cheddars für 2,99 taten, als habe der Käsegott persönlich nur für sie diese exklusive Kreation erdacht. Ein kleines bisschen freue ich mich nach dem ganzen Awesome-Getue darum auf gutes ostwestfälisches und norddeutsches Genöle: "Schedda? Wat dat denn?"

FU**ING CAR

In Neuseeland ein (gebrauchtes) Auto zu kaufen ist eine heikle Sache. Als wir hergezogen sind, hat man uns alle möglichen Horror-Storys erzählt. Über Leute, die ihr Auto verkaufen, obwohl es noch nicht abbezahlt ist, über Autos, für die Ersatzteile aus Overseas so teuer sind, als seien sie aus Gold und natürlich über Schrottkarren, denen man zu spät ansieht, dass sie ebensolche sind. Wir haben das große Los mit der letzten Option gezogen. Schon nach zwei Monaten war unser für nicht mal allzu schmales Geld erworbene Mazda Hastdunichtgesehen der Ansicht, sich einen Wellnesstag in der Werkstatt gönnen zu wollen. Irgendwas mit dem Kühler, 400 Dollar. Naaaa ja. Ende Dezember dann aber kam es endlich ganz dicke: Öllampe leuchtet, Auto macht merkwürdige Geräusche,  Auto macht so merkwürdige Geräusche, dass wir lieber nicht weiterfahren. Prima. Und das natürlich nicht in der Stadt, vielleicht sogar in der Nähe von zu Hause oder einer Werkstatt, sondern mitten in den Waitakere Ranges. Die sind unter normalen Umständen in erster Linie wunderschön; wenn man mit dem Auto liegenbleibt, sind sie aber vor allem weit draußen. Es dauerte also nicht nur seeeeehr lange, bis endlich der Abschleppwagen da war, sondern kostete auch seeeehr viel Geld, eben diesen zu bezahlen. Im Preis inbegriffen war allerdings der lustige Abschleppwagen-Typ, der mir die ganze Fahrt über erzählt hat, was wir in Neuseeland alles falsch gemacht haben und noch falsch machen werden. Acht Tage Urlaub auf der Südinsel? Da braucht man mindestens drei Wochen! Und den Camper nur für da gemietet? Wenn man den auf die Nordinsel überführt, zahlt man weniger! Wohnen in Glendowie? Viel zu teuer! Arbeiten gehen? Es gibt doch den Beach! Usw. Eine Stunde, etliche gute Ratschläge und 400 Dollar später wusste ich dann zwar alles darüber, wie man in Neuseeland eigentlich leben musste, der Grund für unser Liegenbleiben blieb aber ein Mysterium. Anders als erwartet hat der Abschlepptyp für sein Geld nämlich NUR abgeschleppt und nicht auch mal unter die Motorhaube geguckt. Dafür haben wir dann einen so genannten "Mobile Mechanic" angerufen. Na ja. Streng genommen haben wir zwei davon angerufen. Der erste ist nämlich einfach nicht gekommen. War vermutlich am Beach, des Kiwis natürlicher Lebensraum, wenn die Sonne aus Versehen mal scheint. Beim zweiten Versuch hatten wir dann Glück. Ein kompetent aussehender Mechaniker klopfte am nächsten Morgen pünktlich um 8 an die Tür und brauchte nicht mal drei Minuten, um mich mit mitleidigem Blick darüber zu informieren, dass der Mazda nicht nur einen kaputten Motor hat, sondern auch eine neue Ölpumpe braucht. Jackpot. Nachdem die Werkstatt den halben Tag lang aufopfernd versucht hat, sowohl einen gebrauchten Motor als auch eine Second-Hand-Ölpumpe aufzutreiben, hat mich dann der Chef angerufen und mir feierlich eröffnet: 
"I would love to take your money, but I want to keep New Zealand's reputation of an honest country."
Sehr schön. 

Wir auf der Südinsel

„Auckland is not New Zealand.“ Eine viel gehörte Weisheit, die ich jetzt endlich bestätigen kann. Ende Dezember (jaaaa, ist schon ein bisschen her ... ich war etwas schreibfaul) sind wir, also Uli, Karen und ich in Christchurch gelandet und haben uns einen Wicked Camper abgeholt, um damit über die Südinsel Neuseelands zu fahren. Ich weiß ... passt eigentlich gar nicht zu uns verwöhnten Spießern, aber auch verwöhnte Spießer müssen sparen. Außerdem sind Wicked Camper total lustig angemalt und man kriegt sie einen Tag umsonst, wenn man den Leuten per E-Mail die Geschichte seiner Entjungferung erzählt. (Nein, haben wir nicht gemacht.) Und so sah er aus, der Gute.


Fuhr prima bergab, brauchte erst nach 250 Kilometern eine neue Tankfüllung und bot fast ausreichend Sitz- und Schlafplatz für drei Personen. Immerhin stand aber auf der Heckklappe, dass Männer sind wie Mascara, weil beide beim kleinsten Zeichen von Emotion weglaufen. Wicked. Was im Gegensatz zu sehr viel Coolness leider nicht im Mietpreis inbegriffen war: Bettwäsche. Einen guten Teil unseres ersten Urlaubstages haben wir also damit verbracht, uns billige Schlafsäcke zu kaufen. Wobei das so nicht ganz stimmt. Die meiste Zeit ging für die Parkplatzsuche vor dem Kaufhaus ins Land. Wer hat eigentlich behauptet, die Südinsel sei menschenleer und völlig verlassen? In Christchurch (das übrigens wirklich an einigen Stellen noch deutlich erdbebengebeutelt ist) haben wir vor lauter Leuten kaum einen Fuß vor den anderen bekommen und auf den ach so einsamen Straßen waren mehr Camper unterwegs, als Schafe auf den Wiesen standen. Na gut; war halt auch gerade Hauptreisezeit, wie ich kleinlaut zugeben muss. Was übrigens offenbar in erster Linie bedeutete, dass nicht Neuseeland leer war, sondern Deutschland. Gefühlt jeder zweite Tourist, den wir auf Campingplätzen und Co. getroffen haben, war Deutscher. Und halbwegs vertrauenswürdige Quellen haben behauptet, dass sich im Dezember und Januar 70.000 von uns in Kiwi-Land aufhalten. Eine ganze Kleinstadt. Wer also nach Neuseeland kommen will, um hier Englisch zu lernen und/oder Neuseeländer zu treffen, sollte dies im hiesigen Winter tun. Wettertechnisch macht das eh kaum einen Unterschied. Jedenfalls dann nicht, wenn man so viel Glück hat wie wir und mitten im Südhalbkugel-Sommer im sonnigsten Teil Neuseelands in einen Jahrhundertregen gerät. Fast vier Tage lang haben wir ungelogen keine einzige Regenpause gehabt. Dank Karen, unserer Outdoor-Adventure-Beauftragten, hat uns das aber natürlich nicht davon abgehalten, am dritten Tag drei Stunden mit einem eher offen konstruierten Delivery-Schiff durch die Malborough-Sounds zu fahren und diese anschließend auch noch von oben zu bewundern. „Von oben“ bedeutet übrigens, dass man sich seine Wanderschuhe (habe ich jetzt!) anzieht und einen matschigen Walkway entlang klettert, bis man hoch genug auf einem Berg ist, um ein Foto zu machen. Danach rutscht man wieder runter und fühlt sich sehr, sehr nass, aber gut.
Ein ähnliches Gefühl hatte ich nach unserer Wander-und-Kanufahr-Tour durch den Abel(!)-Tasman-Nationalpark. Diese fand am Morgen des 1. Januars statt – wer mich kennt weiß, dass Wandern und Kanufahren üblicherweise nicht exakt meine Pläne für diesen Tag sind. Dank extremer Zurückhaltung am Vorabend war ich aber in der Lage, den Tag wie folgt zu genießen: Raus aus den Federn um sechs. Vom Campingplatz losfahren um halb acht. Drei Stunden bergauf wandern um neun. Drei Stunden Kanufahren um eins. Tot. Richtig tot. Und das ohne Hangover. Anders als unser allen Klischees entsprechenden Kanu-Guide. Der nämlich war nicht nur blond gelockt und braun gebrannt, sondern hat sich auch beim silversterlichen Nacktbaden im Meer mit einer Qualle angelegt. Die Qualle hat gewonnen, der Kanu-Guide hatte einen roten Bauch. Natürlich war der Bauch des neuseeländischen Traumjobinhabers aber nicht alles, was wir im Nationalpark gesehen und bewundert haben. Denn da ist es mal wirklich schön:



Kleine Baby-Seals sieht (und riecht) man da übrigens auch, aber zu dem Zeitpunkt saß ich noch nicht sicher genug im Kanu, um Fotos zu machen. 
Apropos Baby-Seals ... In Sachen Wildlife gab es ein weiteres Highlight: Wale. Und damit meine ich nicht mich am Strand. Sondern riesige Spermwhales, die man zum Spottpreis von 150 Dollar von einem eigens dafür gebauten Boot fast sehen konnte. Wenn man nicht gerade in die Kotztüte geguckt hat. Das Boot war nämlich nicht nur voller (natürlich in erster Linie deutscher) Touristen, sondern auch ziemlich schaukelig. Aber sowohl die finanzielle Investition als auch das Magengegrummeln haben sich gelohnt. Seit ich denken kann, will ich Wale sehen. Als es dann soweit war, habe ich geheult – und darum keine besseren Fotos als diese hinbekommen: 







Wer aufgepasst hat, sieht übrigens, dass auf dem letzten Bild kein Wal, sondern Delphine zu sehen sind. Die gab's gratis dazu.